Dieser Post brennt mir förmlich unter den Nägeln denn ich glaube dass ich hier heute über eine Art Stellschraube im Recovery Prozess schreibe die unfassbar wichtig und ganz oft nicht wahrgenommen wird.
Ich komme ursprünglich fachlich aus der Pädagogik und in der Entwicklung von Kindern gibt es sogenannte Entwicklungsfenster in denen Kinder bestimmte Dinge lernen und das Gehirn besonders lernbereit ist. Und je länger ich es mit dieser chronischen Erkrankung zu tun habe, um so mehr beobachte ich dass es Phasen gibt in denen Dinge Sinn machen und es wiederum auch Phasen gibt in denen es nicht darum geht etwas weiter „vorwärts“ bringen zu wollen. Daher entstand für mich dieses Bild von offenen Entwicklungsfenstern auf dem Recovery Weg.
Vor ein paar Monaten ging bei mir z.B. das Fenster für Qi Gong auf (hätte auch Yin Yoga oder Pilates sein können.. es ging das Fenster für mehr bewusste Bewegung auf). Ich habe schon ein Jahr davor über Qi Ging nachgedacht, es auch ausprobiert und mein Körper hatte ein klares Nein. Und als sich jetzt das Fenster dafür öffnete war es wie ein Match! Mein Körper hat es förmlich in sich aufgesaugt und es dauerte gar nicht lange da konnte ich 30 Minuten im Stehen Qi Gong machen ohne darüber nachdenken zu müssen und finde kognitiv in der Theorie so viele Parallelen zur Nervensystemarbeit dass ich einfach nur begeistert und neugierig bin. Meine Baseline konnte sich durch Qi Gong erweitern, dafür hab ich aber gerade zu Beginn weniger Schritte laufen können. Das Fenster für mehr Schritte sammeln war also temporär geschlossen.
Mittlerweile kann ich spazieren gehen + Qi Gong machen – die Baseline schreit Hurra.
Im Juni ging ein Fenster auf bei dem ich plötzlich wusste, dass es an der Zeit ist über eine weitere Therapie nachzudenken. Ich spürte dass mein Körper bereit dafür war auch von außen etwas annehmen zu können und dass er sich geradezu nach einem neuen Impuls sehnt, der jenseits meiner eigenen Möglichkeiten liegt.
Ich wollte eigentlich IHHT ausprobieren und bin dann aber durch eine glückliche Fügung beim Wasserplasma gelandet (darüber schreibe ich bald einen eigenen Artikel) und mein Körper ist so so glücklich! Es ist ein JA in mir zu dieser Therapie, es ist ein JA in mir zum Dip der damit erstmal kommt und ich empfinde Sicherheit, Zuversicht und die Ergebnisse sind bis jetzt sehr Mut machend.
Ich beobachte dass ich Dips bzw adjustment periods viel viel leichter akzeptieren kann wenn sie aus so einem geöffnet Fenster heraus entstehen und der Körper lernt überraschend schnell sich an die neuen Impulse anzupassen und somit die Baseline zu erweitern. Es ist als wäre das System einfach bereit und offen dafür.
Was ich damit sagen möchte ist, dass ein Weg zurück zu Gesundheit für mich auch bedeutet, dass wir ernst nehmen müssen wofür unser Körper (und damit meine ich auch den Kopf-Mind) gerade Kapazität hat. Infusionen können toll sein und Menschen crashen dadurch weil es viel zu viel ist... Lauftraining kann toll sein und wenn du gerade viel Energie für emotionale Prozesse brauchst kann es zu viel sein, Qi Gong kann toll sein oder dich crashen lassen weil du über deine Grenze gehst.
Je mehr wir Körper und Mind als Team betrachten und aus diesem Team heraus neue Impulse ausprobieren um so stimmiger ist es. Wenn wir nur aus dem Kopf heraus Entscheidungen für den Körper treffen, ohne den Körper und somit seine Kapazität zu involvieren, kann es oft zu viel sein.
Hier kommt auch wieder die Baseline ins Spiel, denn wenn wir einigermaßen in der Baseline sind, können wir auch einigermaßen gute Entscheidungen treffen. Je mehr wir rausfallen, um so verzweifelter werden wir, um so mehr suchen wir (fight) nach Lösungen und greifen nach jeden Strohhalm unabhängig davon ob der gerade überhaupt zu unserem Zustand passt (den können wir in fight/flight/freeze nämlich nicht mehr gut spüren).
Wenn dir also dein Arzt eine Therapie empfiehlt dann ist es natürlich wichtig die Möglichkeiten zu nutzen, aber immer auch aus der Verbundenheit mit der eigenen Körperweisheit heraus. Manchmal ist es nicht der richtige Zeitpunkt und zwei Monate später macht es total Sinn. Das darf sein.
Und wir dürfen lernen uns selbst wieder zu vertrauen! Ist das nicht wie eines der Kernelemente die wir durch chronische Erkrankungen erkennen können...
Du hast ein Recht auf deine Grenzen.
Du hast ein recht darauf zu wissen, was du brauchst (sofern du nicht gerade stark in fight/flight/freeze hängst, dann ist deine Körperwahrnehmung dadurch stark beeinflusst, was bedeutet in diesem Zustand solltest du im besten Fall keine Entscheidung treffen – eine Nacht drüber schlafen ist eine sehr sinnvolle Sache).
Du darfst annehmen dass dein Körper sein eigenes Tempo hat. Und ja ich weiß wie schwer das ist und das man nicht immer 100% danach leben kann, weil Leben, Kinder, Ämter, Arzttermine etc.
Ich glaube dass es ein ganz spannender und wichtiger Prozess ist sich mit der eigenen Körperweisheit wieder zu verbinden und dann zu beginnen ihr auch immer mehr zu vertrauen (und ja mehr als der Meinung anderer...). Wir brauchen natürlich „ andere“... Impulse von ÄrztInnen, HeilpraktikerInnen, Freunden... aber dann braucht es eine innere Überprüfung ob der Impuls jetzt stimmig ist. Wir werden hier dementsprechend auch mit der Ehrlichkeit uns selbst gegenüber konfrontiert.
Kannst du es annehmen, wenn du spürst, dass etwas gerade noch nicht soweit ist?
Was ich persönlich sehr schätze ist es Menschen im Umfeld zu haben, die sich trauen mir gegenüber wirklich ehrlich zu sein. Meine Heilpraktikerin war z.B. skeptisch was IHHT anging, ich wollte es gerne machen, weil ich spürte dass dieses Fenster offen und IHHT meine einzige Idee war. Mir war aber auch bewusst, dass ich unsicher war ob das nicht zuviel für mein System sein könnte... meine Heilpraktikerin sprach genau das aus und dadurch entstand erst der Weg zum Wasserplasma. Übrigens ist die ganze Arbeit mit meiner Heilpraktikerin ein herrliches Lernfeld für mich... Wir testen immer kinesiologisch meinen Körper aus und so oft haben wir dabei erlebt, dass all die Mittel die empfohlen wurden für mein System noch viel zu viel waren. Die Basis aufzubauen bedeutete auch so viel sanfter und subtiler zu arbeiten, als es in der Fachwelt empfohlen wurde.
Es ist ein Prozess den eigenen Weg zu finden mit einer Erkrankung auf die es keine klare schulmedizische Antwort gibt und Hinz und Kunz aber mit ungefragtem Wissen um sich schlagen. Die Baseline bedeutet auch, dass du in Verbundenheit mit dir selbst bist, deine Grenzen ernst nimmst und gut überprüfst was sich für deinen Zustand und deine Kapazität gerade stimmig anfühlt. Das ist herausfordernd und es kann ein super spannender Weg zu sich selber sein.
Spür doch mal für dich hin und teile es gerne auch in den Kommentaren.
Zu welchem Thema/Tool fühlst du dich gerade hingezogen, was ruft dich, wo spürst du ein JA oder eine Neugierde?
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